Einfamilienhäuser im Sommer

Sonderabschreibung nach § 7b Abs. 1 EStG auch für Neubauten?

Um was für eine Sonderabschreibung geht es?

Nach § 7b Abs. 1 EStG kann für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, sofern diese innerhalb der Europäischen Union liegen, unter bestimmten Voraussetzungen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren eine Sonderabschreibung von jährlich bis zu 5% einkünftemindernd berücksichtigt werden.

Was ist eine "neue Wohnung"?

Sofern ein Begriff im Gesetz unbestimmt ist, muss er durch die Rechtsprechung ausgelegt werden. So auch in dem folgenden Fall, der zwischenzeitlich bei dem Bundesfinanzhof in München anhängig ist.

Im Kern geht es um die Frage, was nach dem Gesetz unter einer „neuen Wohnung“ zu verstehen ist.

Was ist der zugrundeliegende Sachverhalt?

Ein Steuerpflichtiger ist seit 1997 Eigentümer eines fremdvermieteten Einfamilienhauses, das in den 1960er Jahren erbaut wurde.

Aufgrund einer städtischen Aufforderung zur Sanierung der Abwasserrohre wurde die Sanierungsbedürftigkeit des Gesamtgebäudes und die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung geprüft. Aufgrund der Höhe der zu erwartenden Gesamtsanierungsaufwendungen wurde im Jahr 2018 bzw. Anfang 2019 entschieden, dass Gebäude abzureißen und ein neues Gebäude auf dem gleichen Grundstück zu errichten.

Der tatsächliche Gebäudeabriss erfolgte im Jahr 2020. In diesem Jahr erfolgte auch die Fertigstellung des Neubaus auf diesem Grundstück. Nach der Fertigstellung des Gebäudes wurde dieses wieder vermietet.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2020 beantragte der Steuerpflichtige eine Sonderabschreibung für das neu errichtete Gebäude nach § 7b Abs. 1 EStG. Begründet wurde dies damit, dass nach dem Abriss des alten Gebäudes ein neues Gebäude errichtet wurde und dadurch neuer Wohnraum entstanden ist.

Vom alten Gebäude wurde nichts übernommen (keine Grundmauern oder ähnliches). Der bisherige Einheitswertbescheid wurde aufgehoben. Damit sei die Voraussetzung „neue Wohnung“ im Sinne dieser gesetzlichen Regelung erfüllt.

Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibung auf die Errichtungsaufwendungen des neuen Gebäudes nicht an. Es verwies auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.01.1993 (Az. IX R 97/88).

Zwar erkennt das Finanzamt an, dass durch den Abriss des alten Gebäudes und der Errichtung des neuen Gebäudes Wohnraum geschaffen wurde, allerdings handelt es sich dabei nicht um einen zusätzlichen Wohnraum, der bisher nicht vorhanden war. Gesetzgeberisches Ziel der Sonderabschreibung nach § 7b EStG sei es aber, die Schaffung zusätzlichen Wohnraums zu fördern.

Klage vor dem Finanzgericht Köln

Der Steuerpflichtige erhob Klage (Finanzgericht Köln, Aktenzeichen 1 K 2206/21, Urteil vom 12.09.2024).

Das Finanzgericht urteilt, dass Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7b EStG unter anderem ist, dass neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden. 

Das Finanzgericht urteilt, dass im vorliegenden Fall allerdings keine neue, noch nicht vorhandene Wohnung vorliegt.

Was ist eine neue Wohnung?

Die Auslegung des Finanzgerichts ist nicht zweifellos, aber durchaus zu beachten.

Das Finanzgericht nutzt die Gesetzesbegründung, um aus dem gesetzgeberischen Ziel eine Auslegung für die Rechtsprechung zu entwickeln. Ziel des Gesetzgebers war es, zusätzlichen und erstmaligen Wohnraum zu schaffen.

Ziel ist es, quantitativ mehr Wohnraum zu schaffen. Sofern temporär keine bewohnbare Wohnfläche zur Verfügung steht, kann insofern nicht hierauf abgestellt werden.

Wird die alte Wohnung abgerissen und daraufhin dort eine neue Wohnung errichtet, dann führe dies zu keiner weiteren zählbaren Wohneinheit.

Abschließende Klärung durch den BFH?

Die Auslegung des Finanzgerichts Köln zu dem Begriff der „neuen Wohnung“ ist sinnvoll, allerdings ist diese nicht zweifelsfrei. Unter den Begriff einer „neuen Wohnung“ muss nicht zwingend ausschließlich die Schaffung eines neuen – zusätzlichen – Wohnraums fallen.

Die Sanierung bereits vorhanden Wohnraums fällt nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht zwingend unter den Begriff „neue Wohnung“. Dies macht durchaus Sinn.

Die Errichtung eines neuen zu Wohnzwecken dienenden Hauses auf einem Grundstück, auf dem zuvor (kurzzeitig) kein Gebäude stand, könnte aber durchaus unter den Begriff „neue Wohnung“ im Sinne dieser Vorschrift fallen. Der alte Wohnraum ist jedenfalls nicht mehr vorhanden, auch nicht als Kernsubstanz.

Beim Bundesfinanzhof wurde gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln Revision eingelegt. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen IX R 24/24 geführt.

In vergleichbaren Fällen können Steuerpflichtige Einspruch einlegen und mit Verweis auf das BFH-Verfahren einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.

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