Innergemeinschaftliche Lieferungen sind grundsätzlich nach § 6a Abs. 1 iVm. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei.
Dies gilt aber nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei handelt es sich um formelle und materielle Voraussetzung. Werden diese nicht kumulativ erfüllt, liegt keine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor.
Daher ist es wichtig, die Voraussetzungen zu kennen und einzuhalten.
Lieferung eines Gegenstandes
Da es sich um eine Lieferung im umsatzsteuerlichen Sinne handelt, muss es sich genau genommen um die Lieferung eines Gegenstandes handeln.
Die Lieferung wird in § 3 Abs. 1 UStG definiert. Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).
Versendung/Beförderung in das EU-Ausland
Nach § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG muss der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern oder versenden.
Das bedeutet, dass der Gegenstand aus einem EU-Land in ein anderes EU-Land befördert oder versendet werden muss. Der Gegenstand muss dabei eine Landesgrenze tatsächlich überschreiten.
Ob der Verkäufer oder der Kunde den Gegenstand befördert oder versendet, spielt bei dieser physischen grenzüberschreitenden Bewegung keine Rolle.
Abnehmer ist Unternehmer
Wie zuvor schon angegeben, muss der Verkäufer ein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein.
Aber auch der Abnehmer des Gegenstandes, also der Käufer, muss ein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein.
Alternativ kann der Abnehmer auch eine im anderen EU-Staat erfasste juristische Person sein, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat.
Im Wesentlichen geht es darum, dass der Abnehmer in einem anderen EU-Staat umsatzsteuerlich erfasst ist. Dies ist eine Voraussetzung, die in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bzw. Buchst. b UStG geregelt ist.
Der Abnehmer muss dem Verkäufer (leistenden Unternehmer) eine zum Zeitpunkt der Lieferung gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen EU-Mitgliedsstaats verwenden. Dies wiederum ist in § 6 Abs. 1 Nr. 4 UStG vorgeschrieben.
Wichtig ist, dass der leistende Unternehmer zum Zeitpunkt der Lieferung die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer prüft. Die Prüfung der Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer kann online geprüft werden. Das Ergebnis der Prüfung sollte dokumentiert, also wiederauffindbar zu den Unternehmensakten genommen werden.
Die Lieferung erfolgt für das Unternehmen des Abnehmers
Weitere Voraussetzung ist, dass die Lieferung des Gegenstandes für das umsatzsteuerliche Unternehmen des Abnehmers erfolgt.
Dies kann naturgemäß der leistende Unternehmer nur schwer oder gar nicht prüfen oder einschätzen.
Sofern der Abnehmer seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gegenüber dem leistenden Unternehmer angibt, gilt aber diese Voraussetzung als erfüllt.
Nennt der Abnehmer dem leistenden Unternehmer seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so darf der leistende Unternehmer davon ausgehen, dass die Lieferung des Gegenstandes für das Unternehmen des Abnehmers erfolgt.
Gelangensbestätigung
Eine ganz wichtige Voraussetzung ist ferner, dass dem leistenden Unternehmer eine sogenannte Gelangensbestätigung vorliegt (ggf. auch ein Frachtbrief oder ein Nachweis des Spediteurs).
Die näheren Voraussetzungen hierzu lassen sich in §§ 17a bis 17c UStDV nachlesen.
Der leistende Unternehmer muss das Vorliegen der Voraussetzungen nachweisen können (§ 6a Abs. 3 UStG). Er hat also dafür Sorge zu tragen, dass ihm die entsprechenden Belege (z. B. die Gelangensbestätigung) wiederauffindbar vorliegen, bevor er die Lieferung als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt.
Zusammenfassende Meldung
Auch die Abgabe einer sogenannten Zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG ist Voraussetzung, dass die innergemeinschaftliche Lieferung schlussendlich auch als umsatzsteuerfreie Lieferung behandelt werden kann.
Wird die umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht ordnungsgemäß im Rahmen einer Zusammenfassenden Meldung erklärt, kann die Finanzverwaltung die Umsatzsteuerfreiheit für diese Lieferung versagen.
Wichtig ist, dass nicht nur die Nicht-Berücksichtigung dieser Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung die Umsatzsteuerfreiheit gefährdet, sondern auch eine unrichtige Angabe (z. B. ein falscher Betrag) kann zu diesem Ergebnis führen.
Vorschlag für eine Vorgehensweise zur Risikominimierung
Stellt sich bei einer späteren Prüfung heraus, dass eine vom Unternehmer ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferung nicht umsatzsteuerfrei behandelt werden kann, weil eine Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann dies unter Umständen zu hohen Steuernachzahlungen und Nachzahlungszinsen führen.
Um dieses Risiko zu vermindern, sollte ein Unternehmer einen mit einem Steuerberater abgestimmten Prozess haben.
Eine Vorgehensweise ist, die innergemeinschaftliche Lieferung zunächst immer als umsatzsteuerpflichtige Lieferung zu behandeln. Sofern nach Ausführung der Lieferung, zeitlich verzögert, erst alle Voraussetzungen vorliegen, also weil zum Beispiel die Gelangensbestätigung des Abnehmers erst nach zwei Monaten eingeht, wird erst in diesem späteren Zeitpunkt in der Buchhaltung die Lieferung als umsatzsteuerfreie Lieferung umgebucht und bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung sowie bei der Zusammenfassenden Meldung erst in diesem Zeitpunkt (umsatzsteuerfrei) berücksichtigt.
Die genaue Vorgehensweise in der Handhabung, in der Buchhaltung und in der Steueranmeldung muss aber zwingend vorab mit dem Steuerberater abgestimmt werden, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Grober Überblick - Abstimmung mit Steuerberater nötig
Die obigen Ausführungen zu den innergemeinschaftlichen Lieferung sind kurz und können nicht alle möglichen und vorkommenden Fallgestaltungen abdecken. Der Beitrag kann keinenfalls eine individuelle Steuerberatung ersetzen.
Unternehmer, die innergemeinschaftliche Lieferungen ausführen, müssen die steuerlichen Voraussetzungen und Folgen hierzu dringend mit einem Steuerberater abstimmen, um das Risiko größerer Steuernachzahlungen zu reduzieren.
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