Münchner Straßenszene

Anschaffungsnahe Herstellungskosten – Entnahme einer Wohnung

Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Vermietung können grundsätzlich als Werbungskosten sofort abzugsfähig sein, es sei denn, es handelt sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Handelt es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes, sind diese nur im Rahmen einer mehrjährigen Abschreibung mit regelmäßig 2% oder 3% pro Jahr zu berücksichtigen.

Abgrenzung der Werbungskosten von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Die Prüfung, welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören, erfolgt nach § 255 Abs. 1, Abs. 2 HGB.

Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, sind Anschaffungskosten. Dazu gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Herstellungskosten hingegen sind Aufwendungen, die für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung, verbraucht werden.

Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, sofern diese Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

Diese sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten können nicht als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt werden. Sie werden nur über die normale Gebäudeabschreibung berücksichtigt, wirken sich somit nur über viele Jahre verteilt aus.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG gehören zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten allerdings keine Aufwendungen für die Erweiterung des Gebäudes im Sinne von § 255 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die üblicherweise jährlich anfallen.

Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen

In dem Urteilsfall IX R 7/21 hatte der BFH zu entscheiden, ob Aufwendungen für eine aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen entnommene Wohnung bei den Vermietungseinkünften als sofort abziehbare Werbungskosten oder als anschaffungsnahe Herstellungskosten darstellen.

Der Steuerpflichtige hatte eine vermietete Wohnung aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen in das Privatvermögen entnommen. Anschließend wurde das Gebäude renoviert. Aufgrund der Höhe der Aufwendungen überstiegen nach Ansicht des Finanzamts die Renovierungsaufwendungen die 15% Grenze. Das Finanzamt und das Finanzgericht Köln (Urteil vom 25.02.2021 – 11 K 2686/18) behandelten die Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten.

Urteil des BFH vom 03.05.2022

Der Bundesfinanzhof urteilte, dass die Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen keine Anschaffung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG.

Eine Anschaffung liegt dann vor, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung erworben wird, also entgeltlich erworben wird. Bei der Entnahme eines Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen fehlt es an der Gegenleistung/Entgeltlichkeit.

Auch nach dem Wortsinn setzt eine Anschaffung den Übergang von Vermögen zwischen verschiedenen Personen voraus. Es findet bei einer Entnahme aus dem Betriebs- in das Privatvermögen auch kein Rechtsträgerwechsel statt. In den Regelungen zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten wird die Entnahme aus dem Betriebs- in das Privatvermögen auch nicht fiktiv einer Anschaffung gleichgestellt, wie dies bei § 23 Abs. 1 S. 2 EStG der Fall ist.

Bei einer Entnahme aus dem Betriebs- in das Privatvermögen fehlt es schließlich auch an den erforderlichen Anschaffungskosten. Bei der Entnahme ist der Teilwert anzusetzen, der jedoch nach Ansicht des BFH nicht die Tatbestandsmerkmale des Anschaffungskostenbegriffs erfüllt.

Im Ergebnis liegt damit bei der Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen keine Anschaffung vor. Mangels eines Anschaffungsvorgangs können die anschließenden Renovierungsmaßnahmen nicht zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen.

Prüfung der Art der Aufwendungen notwendig

Unabhängig davon ist bei jeglichen Bau- oder Renovierungsmaßnahmen zu prüfen, ob die Aufwendungen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder zu sofort abziehbaren Werbungskosten führen.

Die richtige Abgrenzung kann die Steuerbelastung erheblich beeinflussen. Die Abgrenzung ist allerdings oftmals schwierig, so dass es ratsam ist, einen Steuerberater zur Beurteilung hinzuzuziehen.

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