Wenn sich in der Hand eines Treuhänders unmittelbar oder mittelbar alle Geschäftsanteile einer grundbesitzenden GmbH vereinigen, kann dies zu einer Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG führen.
Gesetzliche Grundlage
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (Grunderwerbsteuergesetz) gilt folgende Regelung:
“Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer […]
1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von beherrschenden und abhängigen Unternehmen oder Personen allein vereinigt werden würden”.
Dabei ist die Regelung sowohl auf Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften anwendbar.
BFH-Verfahren II R 34/21
Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag ein Sachverhalt vor, bei dem es zu beurteilen galt, ob dieser in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG fällt.
Der Kläger hatte im Jahr 2012 mindestens 95% der Geschäftsanteile an einer grundbesitzenden GmbH treuhänderisch für eine andere Person erworben. Dem Kläger zufolge unterliegt ein solcher treuhänderischer Erwerb nicht § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, da durch das zivil- und steuerrechtlich anzuerkennende Treuhandverhältnisse der Erwerb wirtschaftlich nicht dem Treuhänder zugerechnet wird.
BFH-Urteil vom 10.04.2024
Der Bundesfinanzhof folgt der Meinung des Klägers nicht.
Durch den notariellen Vertrag aus dem Jahr 2012 haben sich erstmals alle Geschäftsanteile an der grundbesitzenden GmbH in der Hand des Klägers vereinigt.
Eine Anteilsvereinigung kann sich auch dadurch ergeben, dass sich die Anteile in der Hand des Erwerbers unmittelbar und mittelbar vereinigen.
Unmittelbar erwirbt der Treuhänder die Anteile einer GmbH, wenn er Gesellschafter dieser GmbH wird. Der Treuhänder kann also Erwerber im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sein.
Der Treuhänder ist in diesem Falle unmittelbarer Gesellschafter, der Treugeber mittelbarer Gesellschafter.
Vorsicht bei vergleichbaren Fällen
Sofern Gesellschaftsanteile oder Geschäftsanteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erworben werden sollen, sollten die grunderwerbsteuerlichen Folgen beachtet werden. Es ist ratsam, sich vor Abschluss des entsprechenden Vertrags steuerlich entsprechend beraten zu lassen.